Dr. Florian Sonneck, Lehrer an der Beruflichen Oberschule Friedberg, durfte den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Stephan Krawczyk in Tutzing kennenlernen.

„Auch in der DDR war man jung, verliebte sich, genoss den Sommer.“ Mit diesen Wor¬ten leitete der DDR-Bürgerrechtler Stephan Krawczyk in seine Konzertlesung in der Politischen Akademie Tutzing ein.

Krawczyk bot für 120 Schülerinnen und Schüler am 30. April in der Politischen Akade¬mie Tutzing eine Geschichtsstunde, die alles andere als theoretisch und tro-cken war. Er präsentierte seine gelebte Geschichte, darunter seine Jugend in der DDR, die Entfremdung vom Staat, die Verfolgung durch die Stasi und seine Inhaftie-rung.

„Ich bin aus der DDR. Und trotzdem bin ich ein Mensch geblieben. Auch wenn dem Ossi nachgesagt wird, er sei noch grauer, als es sich gehört.“ Durch die mediale Ver-brei¬tung „des Ossis“ und „des Wessis“ habe man ein Volk begrifflich geteilt, das ei-gentlich zusammenwachsen sollte, meinte Krawczyk.

Krawczyk wurde nach dem Abitur und seinem Wehrdienst 1976 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).

1978 begann er ein Fernstudium im Fach Konzertgitarre in Weimar. Von 1978 bis 1983 war Krawczyk Mitglied der Folk-Gruppe Liedehrlich. Er wurde für „hervorragende künstlerische Leistungen“ geehrt und erhielt 1981 den Hauptpreis beim DDR-Chansonwettbewerb. Das DDR-Platten-Label Amiga veröffentlichte eine Schallplatte von Liedehrlich, was in der Diktatur der DDR einer Anerkennung als „Staatskünstler“ gleich kam und wohl im künstlerischen Bereich die höchste zu erreichende Auszeichnung war.

Doch Krawczyk wollte sich mit dem System der SED und dem DDR-Regime nicht einverstanden erklären und entschied sich für einen anderen Weg. 1984 lernte er die Berliner Regisseurin Freya Klier kennen, trat ein Jahr später aus der SED aus und erhielt wegen seiner kritischen Texte Berufsverbot. Krawczyk konnte nur noch im Schutz der Kirche auftreten. Damit und mit seinen Liedern wurde er Ende der 1980er Jahre eine der bedeutends-ten Personen der DDR-Opposition. Er wurde jahrelang von der Staatssicherheit überwacht und drangsaliert.

Im November 1987 forderte Krawczyk zusammen mit Freya Klier in einem Brief an das SED-Politbüro die Achtung der Menschenrechte, die Rücknahme ihrer Berufsver¬bote und die Unabhängigkeit von Kunst und Kultur in der DDR. Am 17. Januar 1988, eineinhalb Jahre vor dem Fall der Mauer, wurde Krawczyk ver-haf¬tet. Die Affäre um seine Inhaftierung erweckte auch im der Bundesrepublik große Aufmerksamkeit. Die West-Medien berichteten ausführlich. Krawczyk selbst wurde in dieser Zeit im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen völlig isoliert.

Um eine Ausbürgerung wie im Fall Biermann 1976 zu vermeiden, zog die DDR-Staatssi¬cherheit alle Register, um Krawczyk dazu zu nötigen, dass er einer „freiwilli-gen“ Ausreise aus der DDR zustimme. Man warf ihm „geheimdienstliche Verbindun-gen“ vor, das Verfahren gegen ihn wurde sogar auf „Landesverräterische Beziehungen“ erweitert.

Krawczyk wurde im Gefängnis Hohenschönhausen derart unter Druck gesetzt, bis er seiner Ausreise zustimmte. Am 2. Februar 1988 wurde Krawczyk gemeinsam mit Freya Klier in die Bundesrepublik abgeschoben.

Seit 1990 hat Stephan Krawczyk mehrere Bücher veröffentlicht, die sich insbeson-dere mit dem Lebensgefühl der in der DDR sozialisierten Generationen auseinanderset¬zen und stark autobiographisch sind, unter anderem Das irdische Kind, Bald und Steine hüten

Daneben ist er auch weiterhin als Musiker aktiv, veröffentlichte unter anderem als Stephan Krawczyk und Band das CD-Album Die Queen ist in der Stadt. Sein jüngs¬tes Album „erdverbunden, luftvermählt“ erschien 2011.

Stephan Krawczyk lebt als freier Schriftsteller, Komponist und Sänger seit den 1990er Jahren in Berlin-Neukölln.

Im kommenden Herbst soll der jugendlich wirkende und sehr authentische Stephan Krawczyk an der Staatl. Beruflichen Oberschule Friedberg zu Gast sein.

Einen Eindruck in die Konzertlesung finden Sie hier: http://player.vimeo.com/video/41846525

 

Quellen: CC by sa Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Stephan_Krawczyk) und Florian Sonneck